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Robert Borsch-Laaks, Sachverständiger für Bauphysik und Fachautor © Mag. Birgit Koller

Gegen die schiefe Optik

Ein Artikel von Mag. Birgit Koller | 16.11.2012 - 14:47
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Michael Palfi, Holzbaucluster Projektmanager Oberösterreich © Mag. Birgit Koller

Bauphysik sieht man erst dann, wenn man sie vergessen hat“, warnte Holzbaucluster-Projektmanager Michael Palfi gleich zu Beginn die Teilnehmer des Seminars im Messezentrum Wels. Fehlervermeidung spart spätere Fehlerbehebung, sofern diese überhaupt noch möglich ist: Der schiefe Turm von Pisa – als abschreckendes Beispiel – leitete den ersten Referenten des Nachmittags ein.
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Ing. Stefan Schipke, Sachverständiger der Brandverhütungsstelle (BVS) Oberösterreich © Mag. Birgit Koller

Ing. Stefan Schipke, Sachverständiger der BVS Brandverhütungsstelle Oberösterreich, stellte die wichtigste Norm für Feuerstätten im Holzbau vor. Die Önorm B 2331 regelt den Einbau für Feuerungsanlagen im Holzbau „und muss unbedingt eingehalten werden“, appellierte Schipke ans Publikum.
Besonders viel Wert legte der Brandexperte auf eine Ausführung mit richtigem Abstand zu brennbaren Baustoffen. Bei freiem Luftraum gilt ein Mindestabstand von 40 cm, bei Isolierung oder Anbringung einer Abschirmplatte sollten es 20 cm sein. „Leider gibt es immer wieder Negativbeispiele, bei denen eine falsche Montage der Feuerungsstätten enorme Brandschäden verursacht hat. Oft wurden das Abgasrohr nicht an den Rauchfang angeschlossen oder die Abstände nach geltender Önorm nicht berücksichtigt.“ Bei Anbringung einer Dampfbremse bei der Rohrdurchführung sollte der Abstand zur Folie ebenfalls eingehalten oder andernfalls eine Aluminiumfolie verwendet werden. 7000 zivile Brandfälle im vergangenen Jahr unterstreichen die Wichtigkeit der Thematik.

Energieräuber vermeiden

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Robert Borsch-Laaks, Sachverständiger für Bauphysik und Fachautor © Mag. Birgit Koller

Robert Borsch-Laaks, Fachautor und Sachverständiger für Bauphysik in Aachen/DE, konnte die Wärmebrückenfreiheit für viele Holzbau-Anschlussdetails nachweisen. Sein Referat widmete er der Vermeidung der ungeliebten "Energieräuber" beim Fenster- und Sonnenschutzeinbau. Anschaulich demonstrierte Borsch-Laaks anhand von Ausführungsbeispielen, dass Fensteranschlüsse ohne Wärmebrücken möglich sind. Als Hilfsmittel gibt es seit März 2012 den vom Energieinstitut Vorarlberg erarbeiteten „Wärmebrückenkatalog Fenstereinbau“. Darin wurden Kennwerte für viele Fenstereinbausituationen im Neubau zusammengestellt: „Neben dem Psi-Wert werden auch Daten für die Verschattung durch die Fensterlaibung und minimale Oberflächentemperaturen sowie maximale unkritische Raumluftfeuchten angeführt“, wies der Techniker auf ein wichtiges Nachschlagewerk hin. Die genannten Daten stehen für weit über 100 Kombinationen aus vier Wandkonstruktionen, acht Fensterrahmen und vier Einbausituationen zur Verfügung.

Berufswahl: Zimmerer oder Goldschmied

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DI Sylvia Polleres, Bereichsleiterin der Abteilung Holzhausbau/Holzforschung Austria Wien © Mag. Birgit Koller

Die Holzforschung Austria (HFA), Wien, brachte zwei Experten nach Wels. DI Sylvia Polleres, Bereichsleiterin Holzhausbau, machte sich für den richtigen Einsatz von Wärmedämm-Verbundsystemen (WDVS) mit Holzweichfasern stark. Ihr wichtigster Appell an die Seminarteilnehmer: „Präzision bei der Verwendung von WDVS-Weichfaserplatten beginnt für mich schon bei der richtigen Lagerung des Produktes auf der Baustelle. Wichtig ist auch der Schutz vor UV-Strahlung, da diese zu Grauverfärbungen und zu Auflösungserscheinungen im Oberflächengefüge der Holzfaserplatte führen kann“, so Polleres. Unter Einhaltung aller Anforderungen an die Planung (Önorm B 6400) und an die Verarbeitung (Önorm B 6410) von WDVS ist für die Expertin der Einsatz von Holzweichfasern für den Holzbau gut geeignet. Aufgrund ihrer genauen Ausführungen handelte sie sich jedoch einen kleinen Seitenhieb aus dem Publikum ein. „Bei all ihrer dargestellten Präzision in der Handhabung des Materials muss man eigentlich Goldschmied sein, um mit dem Material richtig umgehen zu können“, kommentierte ein Architekt.

Anforderungen an den Schallschutz

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DI Dr. Franz Dolezal, Fachbereich Bauphysik und Bauakustik/Holzforschung Austria Wien © Mag. Birgit Koller

Intensive Forschungstätigkeit hat zu einem Berechnungsmodell für die schalltechnische Prognose zwischen zwei Räumen im Gebäude, der EN 12354, geführt. Dieses Verfahren wurde jedoch für mineralische Massivkonstruktionen entwickelt und sei für Holzkonstruktionen nur bedingt anwendbar, berichtete DI Dr. Franz Dolezal, Fachbereich Bauphysik und Bauakustik der Holzforschung Austria. Der Detailkatalog „Deckenkonstruktionen für den mehrgeschossigen Holzbau-Schall und Brandschutz“ liefert Lösungen hinsichtlich der Ausbildung von Wand-Decken-Verbindungen für die mehrgeschossige Holzbauweise. „Dabei werden, basierend auf schalltechnischen Untersuchungen in Versuchsgebäuden, die akustischen Kenngrößen, unter anderem auch jene für die Flankenübertragung angeführt“, so Dolezal in seinem abschließenden Referat über Schallschutz bei Massivholzdecken.
Im Rahmen seiner Forschungsarbeiten wurden vier Baulagersysteme untersucht, die er den Seminarteilnehmern ausführlich vorstellte. Die Holzforschung Austria wollte mit dem Detailkatalog ein hilfreiches Werkzeug für Planer und Ausführende schaffen, das während der Veranstaltung auf großes Interesse stieß und zu Diskussionen über generelle Planungsregeln aus bauakustischer Sicht führte.