Die niedersächsische Zimmerei Langheim, Kreiensen, arbeitet seit Mitte März mit der wohl modernsten Abbundanlage der Welt. Marktführer Hundegger, Hawangen/DE, installierte dort eine K2i-Abbundanlage mit sechsachsigem Robot-Aggregat. Der Roboterarm bearbeitet alle Bauteilseiten. So gut wie alle Bearbeitungen, die denkbar sind, kann diese Anlage ausführen. Das ist bei Langheim auch notwendig. Denn der Meisterbetrieb hat sich auf anspruchsvolle Holzbauten spezialisiert.
Vom Fachwerk bis zum Dachausbau
Wer verstehen will, warum Langheim in eine Hightech-Abbundanlage investiert hat, braucht sich nur dessen Referenzen ansehen. Kreiensen liegt im Mutterland der deutschen Fachwerks- und Zimmermannskunst. Sanierungen von Eichenfachwerken stehen ebenso auf der Tagesordnung wie Dachaufstockungen oder Dachgeschossausbauten. Meist geschieht das im Zuge einer thermischen Sanierung. Der Betrieb ist Fachverarbeiter von Iscofloc-Zelluloseeinblasdämmung. Bei der Reportage vor Ort wartete gerade ein frisch abgebundener Carport auf seinen Aufbau. Typische Aufträge sind weiters Dachstühle und Holzrahmenbauten. Als Nächstes steht beispielsweise der Dachbodenausbau für eine junge Familie in einem über 100 Jahre alten Haus an. Unlängst lieferte der Betrieb sogar eine Brücke aus Lärchen-BSH. All das realisiert Langheim mit millimetergenau vorgefertigten Holzelementen oder kompletten Wänden. Keine Frage, dass die Abbundanlage die zentrale Maschine im Betrieb ist. Verarbeitet werden 2000 m3/J. Der Großteil ist Fichte, aber auch Eiche und Lärche werden vollautomatisch abgebunden.Das Beste aus zwei Welten
Lutz Langheim ist Zimmermeister in zweiter Generation. Sein Vater gründete den Betrieb vor über 50 Jahren. Er selbst machte 1987 die Meisterprüfung. Seitdem hat sich im Holzbau einiges geändert. „Als ich den Meister machte, kamen gerade die ersten Abbundprogramme auf. Damals dachte ich noch: So was brauch‘ ich nicht“, erinnert sich der Niedersachse. Es kam anders. Drei Jahre später wurde der Abbund schon elektronisch berechnet. Drei weitere Jahre darauf kam die erste CNC-Abbundanlage in den Betrieb. Es war eine Hundegger P10, für die es aufgrund der hohen Nachfrage ganze zwei Jahre Lieferzeit brauchte. Die P10 tat zuverlässig ihren Dienst bis Ende 2013. Dann wurde sie ausgemustert und durch jene Anlage ersetzt, welche einige Holzkurier-Leser wahrscheinlich schon mit eigenen Augen gesehen haben: die Messemaschine, welche Anfang Februar noch auf der Dach+Holz ausgestellt war. Die K2i-Robot vereint zwei Produktlinien von Hundegger. In die klassischen K2i ist das Sechsachsaggregat inte-griert, welches man aus der Robot-Drive kennt. Das bringt Vorteile aus zwei Welten:- rasche und effiziente Arbeitsweise der K2i mit ihren spezialisierten Aggregatenvolle Flexibilität einer Sechsachsbearbeitung
Voll ausgestattete Wertschöpfungsmaschine
Eine Freude mit seiner Maschine hat der niedersächsische Zimmermeister und Geschäftsführer Lutz Langheim © Johannes Plackner
Das erste Aggregat, mit welchem das Holz in Kontakt kommt, ist die Untertisch-Kappsäge. Die ist standardmäßig in jeder K2i-Version verbaut. Es folgt eine Universalfräse, welche beispielsweise stirnseitige Zapfen anfertigt. An der nächsten Stelle wartet das Robot-Aggregat. Über eine Kugelumlaufspindel kann der Arm von oben oder unten arbeiten. Mit der horizontalen Achse wird sogar die gegenüberliegende Werkstückseite erreicht. Um für die jeweilige Aufgabe gerüstet zu sein, greift das Robot-Aggregat vollautomatisch auf einen Werkzeugwechsler mit 16 Plätzen zu. Von der Arbeitsweise ist Langheim begeistert: „Wenn die zwei Positionierwagen und der Roboterarm Hand-in-Hand arbeiten und etwa eine schräge Schwalbenschwanzverbindung erzeugen, dann ist das eine richtig geile Sache.“
An der Ausgangsseite besitzt die Maschine noch vertikale und horizontale Bohraggregate, eine automatische Markiereinrichtung und ein Horizontalschlitzgerät. Letzteres ist trotz der großen Arbeitsbreite von über 60 cm auf der Bedienerseite ungeführt, arbeitet laut Langheim aber tadellos. Teil des Auftrags war auch ein Hundegger-Vierseitenhobel. Der qualitätsbewusste Holzbauunternehmer liefert nämlich ausschließlich gehobelte Abbundware aus. Auf diese Weise lasse sich auch klassisches Bauholz hochwertig veredeln, ist Langheim überzeugt. Dazu wird das Rohholz mit 5 mm Übermaß bestellt. Die Abbundanlage kann das berücksichtigen. Anstatt sich an der Holzflanke zu orientieren, wird gemäß der mittigen Längsachse gearbeitet. Vollautomatisch entfernt der Hobel abschließend 2,5 mm Holz an den Seitenflächen. Wenn die Elemente sichtbar eingebaut werden, kann Langheim im Bedienprogramm zudem die Option „ausrissfrei“ auswählen. Dann fräst die K2i-Robot jede Bearbeitung vor. Faserausrisse werden damit verhindert. Das Resultat beeindruckt. Langheim zeigt als Belege einen aus Vollholz erzeugten Becher, einen ins Holz gefrästen Schriftzug und vor allem eine schräge Schwalbenschwanzverbindung an einem Giebelsparren. Deren Spaltmaße würden sogar deutschen Premiumautobauern zur Ehre gereichen.
Von der Diskette zum integrierten CAD/CAM
In den vergangenen 15 Jahren hat sich bei der Holzbautechnik eine Menge getan. Noch viel schneller war der Fortschritt aber in der EDV. Die P10 in Kreiensen lief bis Ende des vergangenen Jahres noch auf DOS-Basis. Die Daten wurden per Diskette übertragen (jüngere Leser mögen diese Ausdrücke bitte nachgoogeln). Das ist jetzt vorbei. Geplant wird bei Langheim mit dem CAD-Programm von S&S Datentechnik, Bergisch Gladbach/DE. Arbeitsvorbereitung und Maschinenansteuerung basieren schon auf Hundeggers im Vorjahr vorgestellten CAD/CAM-Lösung Cambium.Mit Hightech zurück zum Schwalbenschwanz
Lutz Langheim ist nicht nur größter Holzbauunternehmer im Landkreis Northeim, sondern auch Obermeister der Zimmermannsinnung. Vielleicht ist das der Grund, warum er dank CNC-Hightech wieder zunehmend die traditionellste Zimmermannsverbindung einsetzt: den Schwalbenschwanz. Mit der K2i-Robot sei die erforderliche Präzision für die Einhängeverbindung kein Problem. Dabei ist es egal, in welchem Winkel die Hölzer zueinanderstehen. Wer Langheim zuhört, wird eine baldige Renaissance dieser Methode hören. Sie vereint nämlich drei Vorteile:Es ist eine optisch saubere Verbindung.
Die Elemente werden einzeln von oben eingehängt. Die Montage ist einfacher und sicherer, als wenn bei großflächigeren Teilen mehrere Zapfen simultan eingefädelt werden müssen.
Der Schwalbenschwanz verursacht keine Kosten für metallische Verbindungsmittel.
Einen vierten Vorteil gibt es auch noch: Es macht einfach Spaß, der K2i-Robot beim Anfertigen von Schwalbenschwänzen zuzusehen.
Langheim Holzbau – Facts
Gründung: 1962Standort: Kreiensen in Niedersachsen
Geschäftsführer: Lutz Langheim mit seinen Söhnen Philipp und Felix
Mitarbeiter: 20
Leistungen: Dachstühle, Holzhausbau, Lohnabbund, Fachwerksneubau und -sanierung, Dämmung, Dachdeckerarbeiten, Pavillons und Wintergärten, Solaranlagen; außerdem: Bau von Insektenhotels