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Zu den Spezialitäten zählen beim Furnierwerk Winsen Maserknollen - hier von der Baumart Esche © Peters

Von Amboina bis Zitrone

Ein Artikel von Administrator | 04.07.2002 - 00:00
Während der äußere Eindruck hanseatische Zurückhaltung vermittelt, besticht das In-nenleben durch modernste Technologie: Gegründet 1962 als reines Lohnmesserwerk von Großvater Karl Danzer und innerhalb der Familie von Vater und Onkel sowie später von Hans-Berthold Kamm weitergeführt, leitet seit 2 Jahren Karl-Christian Danzer die Geschäfte der selbstständigen Gesellschaft. Der Außenhandelskaufmann hamburgischer Prägung bringt dazu 10-jährige Er-fahrung aus der weltweit operierenden Danzer-Gruppe ein.Investive Maßnahmen. Bereits seit 1996 läuft ein umfassendes, 4-stufiges Investitionsprogram im Gesamtvolumen von 16 Mio. €. Während Kesselhaus und Silos auf den aktuellen umweltechnischen Stand gebracht wurden, erfolgte im Messerwerk der Austausch aller Maschinen und Trockner gegen Hochleistungsgeräte von Babcock, Bad Hersfeld/D. Bis Ende 2002 wird auch das Schälwerk von diesem Hersteller ausgerüstet sein.
Bereits jetzt verarbeitet das größte europäische Lohnmesserwerk Werk 55.000 m? Rundholz jährlich -dies entspricht zwischen 200 und 240 m? Rundholz oder 12 gefüllten Containern täglich. „Wir können auch noch bis 58.000 m? leisten, aber das ist dann die obere Grenze,” so der Geschäftsführer, zu dessen Philosophie an erster Stelle Qualität und Liefertreue zählen.
Gläserne Produktion. 6 ha Firmenareal bieten üppig Platz - auf den Rundholzplatz, ausgelegt für eine Jahreskapazität von 48.000 m³, kann per Container, LKW oder über einen eigenen Gleisanschluss auch mit der Bahn angeliefert werden. 2 runderneuerte Demag-Kräne mit 10 und 15 t Leistung nehmen es in Empfang. Die eigene Wasseraufbereitungsanlage mit 600 m³ Inhalt versorgt Regner und Dämpfgruben.
Jeder vermessene Stamm erhält zunächst einen Barcode für das betriebsinterne EDV-System - alle weiteren Arbeitsschritte werden ebenfalls per EDV erfasst. Diese liefert auf Knopfdruck wesentliche Kennziffern der Produktion und dient so der Auftragsverfolgung, führt aber auch zu einer betriebsinternen, „freundschaftlichen Konkurrenz” der Arbeitsteams. Wie Danzer betont, identifizieren sich die Mitarbeiter stark mit „ihrem” Werk und halten ihm überdurchschnittlich lang die Treue.
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Zu den Spezialitäten zählen beim Furnierwerk Winsen Maserknollen – hier von der Baumart Esche © Peters

EDV-gesteuerter Kochprozess. Das Schälwerk, geleitet von Hermann Beindorff, arbeitet 2-schichtig während 16 Stunden pro Tag. Nach Entrinden und Auftrennen erfolgt das Dämpfen in 15 EDV-gesteuerten Gruben. Dies ermöglicht kunden- und baumartenspezifische Anforderungen und Erfahrungen umzusetzen und zu reproduzieren, bevor 4 Rundschäl- und Staylog-Maschinen, die 4,2 m-Babcock-Trockner mit automatischem Quereinzug - der letzte neue Trockner wird gerade installiert - sowie die Scherenstraße in Aktion treten.
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Leistet bis zu 105 Blatt pro Minute: die SM 400-105 von Babcock © Peters

Atemberaubende Geschwindigkeit. Rund um die Uhr in 3 Schichten produziert das Messerwerk. Nach Wurzelreduzierer und Entrindungsmaschine von Häwa, Wain/D, mit großem Fräskopf für die Rinde und kleinem für den Bast, trennt eine Blockbandsäge von Brenta, Chauffailles/F, mit maximal 180 cm Durchlass die Stämme zu Flitches auf. Während sich hier 26, ebenfalls EDV-gesteuerte Dämpfgruben anschließen, erhalten spannungsreiche Arten wie Limba oder Anigré bereits vorher eine Behandlung in zwei 18 m langen Spezialdämpfgruben.
Nach dem Einsatz des Abrichthobels zur optimalen Lage der Flitches erfolgt das Messern: 6 hochmoderne Maschinen finden sich aufgereiht wie eine Perlenkette in der hellen Maschinenhalle. Während 2 von ihnen 4,2 m breite Furnierblätter erzeugen, entlassen die übrigen 4 doppelte Türenlängen (5,2 m). Als Prunkstück des Werkes stellen Betriebsleiter Ewald Marks und sein Stellvertreter Michael Brückner die weltweit schnellste Messermaschine vor: Die SM 400-105 aus dem Hause Babcock, ausgestattet mit eigener EDV und wassergekühlten Wangen, leistet bis zu 105 Blatt pro Minute. Ein 2001 neu installierter Trockner vermeidet die Bildung von Wellen per regelbarem Schrägeinzug - außerdem verfügt das Messerwerk über 2 neuwertige 5,2 m-Trockner mit einer Durchlaufgeschwindigkeit von 33 m/ min sowie zwei 40 m/min schnelle 5,2 m-Bügeltrockner mit rechnergestützter Infrarot-Feuchtemessung.
Nachdem die Furnierblätter die Scherenstraße passiert haben, folgt der Vertrieb: vom Tischlermeister bis hin zur Holzindustrie reicht die Zielgruppe der 50 aktiven Kunden.Positive Aussichten. Karl-Christian Danzer, der sich ab 2002 allein um Winsen kümmern will, um so die Kontinuität zu sichern, wird seine Investitionen mit dem Jahr 2003 abgeschlossen haben. Jetzt gehe es darum, Qualität und Leistung zu steigern und Lieferfristen weiter zu verkürzen. Entgegen der nicht gerade positiven wirtschaftlichen Gesamtsituation blickt Danzer mit optimistischer Sicht in die Zukunft.
Furnierwerk Winsen-Facts
• gegründet 1962
• Geschäftsfelder: Schäl- und Messerfurniere
• 100%iges Lohnmesserwerk
• Spezialitäten: exotische sowie Maserhölzer
• Rundholzbedarf: 55.000 m³ jährlich, davon 65% nord-amerikanische und 10% afrikanische Holzarten
• 60% der Nachfrage aus dem Ausland
• Geschäftsführer seit 2002: Karl-Christian Danzer