Wasserdichtes MDF

Ein Artikel von Robert Kittel | 27.03.2013 - 09:33

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Michael Hechenblaickner zeigt auf der BWS eine ganze Reihe von Accoyaprodukten © Robert Kittel

Faserplattenwerkstoffe und Wasser vertragen sich im Normalfall überhaupt nicht. Dafür sind sie eigentlich auch nicht gedacht. Da kann die Platte noch so wasserfest verleimt sein, schon bei geringen Mengen Flüssigkeit quellen ihre Fasern auf. Um das zu verhindern, müsste man ihr Feuchtigkeitsaufnahmevermögen verringern, zum Beispiel durch die Verwendung modifizierter Holzarten wie Thermoholz. Das nimmt weniger Wasser auf als unbehandeltes Holz. Dass man trotzdem daraus keine Plattenwerkstoffe herstellt, liegt an der eher mäßigen Verleimbarkeit thermisch modifizierter Hölzer.

Accoya hat diese Eigenschaften

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Sieht aus wie MDF, wird verarbeitet wie MDF, riecht wie ? Salat © Robert Kittel

Eine Alternative ist acetyliertes Holz, das unter dem Handelsnamen Accoya bekannt ist. Das Verfahren selbst ist seit über 75 Jahren bekannt. Das Holz wird mit Essigsäureanhydrid imprägniert. Unter hohem Druck läuft dann bei Temperaturen um die 100° C eine chemische Reaktion ab, bei der in den Holzzellen eine Veresterung stattfindet. Die dabei entstehende Essigsäure wird anschließend wieder ausgewaschen – nur ein dezenter Essiggeruch bleibt zurück.
Es entsteht ein Holzwerkstoff mit völlig neuen Eigenschaften. Wie bei der thermischen Modifikation ist das Wasseraufnahmevermögen in den Zellen stark verringert. Im Unterschied zu Thermoholz verliert acetyliertes Holz aber nicht seine Festigkeit – im Gegenteil, sie nimmt zu. Und es verhält sich beim Verleimen und Lackieren wie unbehandeltes Holz.

Kein Quellen mehr

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Nach einer Woche zur Hälfte unter Wasser zeigt das Accoya MDF keine Aufquellung © Robert Kittel

„Bei diesen optimalen Eigenschaften lag es doch auf der Hand, acetyliertes Holz zur Herstellung von MDF zu nutzen“, resümiert Michael Hechenblaickner, Geschäftsführer von Hechenblaickner Holz & Furniere, Graz. Seit Kurzem kann die renommierte Holzhandlung die neuartigen MDF-Platten im Format 1220 mal 2440 mm und Stärken von 6 bis 18 mm ab Lager liefern. Die Accoya MDF-Platten sind praktisch nicht von herkömmlicher MDF zu unterscheiden. Farbe und Oberfläche sind gleich und sie können genauso zugeschnitten, gefräst, verleimt und lackiert werden: „Nur am Geruch erkennt man sie“, meint Hechenblaickner verschmitzt: „Sie riechen ein wenig nach Salatdressing. Verarbeitet und lackiert ist davon aber nichts mehr zu merken.“
Ihre wichtigste Eigenschaft ist aber die Wasserbeständigkeit. Anders als bei herkömmlicher MDF – selbst wenn sie V 100 verleimt ist – quellen die Fasern von Accoya MDF nicht auf. Hechenblaickner demonstriert dies mit zur Hälfte in Wasser gelagerten Probestücken. Selbst nach einer Woche im Wasser ist mit freiem Auge kein Stärkenunterschied zwischen dem nassen und dem trockenen Plattenteil zu erkennen. Das Vergleichsstück aus „normaler“ MDF war auf das doppelte gequollen.

MDF für kritische Anwendungen

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Accoyafensterkantel haben die höchste Dauerhaftigkeitsklasse © Robert Kittel

Das bringt einen natürlich auf Ideen. Badezimmermöbel aus einfach zu bearbeitender MDF, die auch mal klatschnass werden dürfen. Oder kritische Stellen im Nassarbeitsbereich von Küchen – für die rückseitigen oberen Friese im Korpus, die mitunter aufquellen, wenn mal der Spülenüberlauf oder die Kühlschrankentwässerung defekt sind oder Fliesenspiegel und Arbeitsplatte nicht abgedichtet wurden. Die Anwendungsmöglichkeiten würden aber weit über den Möbelbau hinausgehen, meint Hechenblaickner: „Zum Beispiel für Bauarbeiten, wo man bisher kein MDF einsetzen konnte. Diese Platten lassen sich genauso einfach bearbeiten wie normales MDF, sind aber wetterfest.“ Beispiele dafür gebe es schon, wie einen halbrunden Oberlichtflügel, der samt Sprossen auf der CNC vollständig aus einem Stück Accoya MDF gefräst wurde. Oder für Hauseingangstüren: „Wir stehen erst am Anfang, ich bin mir aber sicher, dass man aus Accoya MDF vieles fertigen könnte, was bisher nicht möglich war“, ist Hechenblaickner begeistert.

Die Accoya Produktpalette wächst

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Bisher undenkbar: ein Fensterflügel, der aus einer Accoya MDF-Platte gefräst wurde © Robert Kittel

Begonnen hat das alles erst vor wenigen Jahren mit acetyliertem Schnittholz, das seither in Holland nach dem altbekannten Verfahren in industriellem Maßstab produziert wird. Inzwischen bietet der Hersteller zahlreiche Accoyaprodukte an. Gartenholz und Fassadenschalungen etwa: „Accoyadielen schüsseln sich selbst bei extremen Breiten nicht und man muss noch nicht einmal darauf achten, ob die rechte Seite oben oder unten liegt,“ schildert Hechenblaickner eigene Erfahrungen mit langzeitbewitterten Musterflächen, die man für die Kunden angelegt hat. Inzwischen hält Hechenblaickner auch Accoyafensterkanteln im erst kürzlich in Betrieb genommenen Schnittholz-Hochregal bereit.
„Natürlich kostet Accoya etwas mehr als unbehandeltes Holz“, hält Hechenblaickner fest, „Verglichen mit Tropenholz der gleichen Dauerhaftigkeitsklasse ist es aber preiswert. Ökologisch ist es ohnehin überlegen, zur Herstellung wird europäisches Holz aus nachhaltiger Waldwirtschaft genutzt.“ Obwohl das Verfahren schon so lange bekannt ist, fehle vielfach noch die Information: „Dabei ist die Skepsis gar nicht nötig. Unter den modifizierten Holzarten ist Accoya wahrscheinlich das am problemlosesten zu verarbeitende Material, weil es sich wie normales Holz verhält. Nur mit dem Unterschied, dass es viel weniger arbeitet, und langlebiger ist als das unbehandelte Holz.“ Bedenken wegen etwaiger Inhaltsstoffe seien auch übertrieben: „Wie Eichenholz – dadurch ist es ebenfalls Schädlingsresistenter.“ Längst haben auch namhafte Farbhersteller das „Essigholz“ auf seine Tauglichkeit für witterungsbeständige Außenbeschichtungen geprüft. Das Ergebnis: Der Anstrichaufbau kann bleiben wie bei unbehandeltem Holz, Anlagen- oder Verfahrensänderungen sind nicht nötig. Auf der BWS kann man Accoyaprodukte am Stand von Hechenblaickner ansehen.