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Innerhalb nur weniger Minuten wird der bis zu 600 mm dicke und 1200 mm breite Presskuchen am Legetisch geformt und in die 6 m lange Presse befördert. Verpresst wird kalt mit einem 1K-Leim auf PU-Basis © Raphael Kerschbaumer

AROLLA

Brettsperrholz auf Portugiesisch

Ein Artikel von Raphael Kerschbaumer | 04.04.2023 - 17:30
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Sind gemeinsam mit Ledinek als Maschinenpartner maßgeblich am Erfolg von Arolla beteiligt: Stefan Fritz, Richard Santner und Tobias Unterrainer (v. li) vor der XM-Press am Werksstandort in Setubal/PT © Raphael Kerschbaumer

Auf Initiative des deutschen und nach Portugal ausgewanderten Unternehmers Dr. Gerd Jakob wurde 2020 die Idee eines ersten durchgängigen Brettsperrholz-Konzepts auf portugiesischem Boden geboren. Mit Arolla entstand bereits im Jahr darauf ein Unternehmen, das den Rohstoff Holz von seinem Ursprung im Wald bis zum schlüsselfertigen Gebäude begleitet. Darin möchte man sich auch gezielt vom Mitbewerb abgrenzen. „Wir sind mehr als ein reiner Brettsperrholz-Produzent und Produktlieferant. Alles beginnt bei der akribischen Planung durch unsere eigenen Architekten und geht weiter über unsere moderne Produktion bis hin auf die Baustelle. Bei Arolla möchten wir unseren Kunden das Gesamtpaket aus einer Hand bieten“, erklärt Gründer und Eigentümer Dr. Jakob die zugrundeliegende Unternehmensphilosophie.

Um diese auch entsprechend in die Tat umzusetzen, beschäftigt Arolla rund 50 Mitarbeiter quer durch alle Gewerke und errichtete in der Hafenstadt Setúbal, rund 50 km südlich der portugiesischen Hauptstadt Lissabon, in einer bestehenden, 11.000 m2 großen Fabrikshalle eine moderne Brettsperrholz-Fertigung nach hohen technischen Standards. Aus den dort bis zu 50.000 m3/J produzierten Brettsperrholz-Elementen errichtet das Unternehmen schlüsselfertige Gebäude und Wohnanlagen in Portugal und darüber hinaus.

Ausgereifte Technik

Schlüsselfertig ist ebenfalls das Stichwort, mit dem sich der Maschinenbauer Ledinek beschreiben lässt. Denn der Lieferumfang der Leimholzexperten beginnt am Werkseingang bei der Kipptischentstapelung der Rohware und endet erst beim Abbund der zuvor produzierten BSP-Elemente. Im gesamten Produktionsprozess zeichneten die Slowenen dabei für nahezu sämtliche Haupt-maschinen verantwortlich. Lediglich bei der Keilzinkenanlage, welche bei Systemformatplatten erfahrungsgemäß weniger beansprucht wird, sowie beim Klebstoffauftrag und bei den Vakuumhebern vertraute Ledinek auf langjährige Partnerunternehmen. 

Kiefer soll weiter fokussiert werden

Beim Rohstoff greift Arolla auf eine Mischung aus lokaler Kiefer und aus Mitteleuropa importierter Fichte zurück. Zusätzlich kommt vor allem für Außenfassaden-

elemente die witterungsbeständigere Lärche zum Einsatz. „Wir kaufen ausschließlich bereits festigkeitssortiertes Schnittholz entweder von kleinen lokalen Sägewerken oder mitteleuropäischen Partnerunternehmen. Ziel ist es, die Wertschöpfung hier in der Region weiter zu fokussieren und den portugiesischen Kiefernanteil konstant zu erhöhen“, nennt Richard Santner, der das Projekt Arolla von Anfang an mitbegleitete, das angepeilte Ziel von bis zu 80 % Kiefernanteil. 

Auch bei den restlichen Komponenten der Gebäude vertraut man auf bekannte und etablierte Unternehmen. So pflegt man beispielsweise mit dem österreichischen Fensterproduzenten Gaulhofer, Übelbach bei Graz, eine enge Partnerschaft und betreibt gemeinsame Pilot- und Forschungsprojekte

Ein rundes Gesamtpaket

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In der Z-Press werden die bis zu 6 m langen Lamellen zu einschichtigen Massivholzplatten verpresst © Raphael Kerschbaumer

Die zugekaufte Rohware wird eingangs per Seitenstapler zur Kipptisch-Entstapelungsanlage transportiert, wo die Lamellen vereinzelt und ihre Feuchte im Durchlauf gemessen wird. Anschließend geht es in die Multiplan-Hobelmaschine, welche die Hölzer mit einer Durchlaufgeschwindigkeit von bis zu 200 m/min vierseitig kalibriert. Parallel dazu befindet sich mit der Minizink eine horizontale Keilzinkenanlage von Ledinek. „Diese ist bei uns bewusst als separate Insellösung konzipiert. Durch unsere 1200 mm breiten Standardelemente halten sich der Aufwand und Einsatz dieser Maschine jedoch in Grenzen“, erklärt Santner.

Weiter nimmt Arolla bei der BSP-Produktion den Weg über die massive Einschichtplatte. Dafür laufen die frisch gehobelten Lamellen in die Fugenverleimanlage Z-Press von Ledinek. Durch die Schmalseitenverleimung werden in diesem Produktionsschritt sowohl die Einschichtplatten für die Längslagen als auch Mehrfachlängen für die späteren Querlagen produziert. Letztere werden anschließend per Kreissäge entsprechend aufgetrennt und vereinzelt. Die Vorteile der patentierten Z-Press werden am späteren Legetisch vor der Hauptpresse ersichtlich. „Einerseits erleichtert die Einschichtplatte das Handling der Hölzer per Vakuumheber enorm, da Verdrehungen und Krümmungen der Hölzer nahezu vollständig ausgeblendet werden. Andererseits lässt sich der Pressvorgang insgesamt beschleunigen, da aufgrund kürzerer Legezeiten schnellere Leime eingesetzt werden können“, erklärt Robert Mlinaric, Verkaufsleiter bei Ledinek. 

Im Anschluss werden die schmalseitig verleimten Einschichtplatten per Vakuumheber auf einem Verteilershuttle zwischengepuffert. Neben den Hauptmaschinen im BSP-Produktionsprozess realisierte Ledinek zudem die dazwischen liegende Transport- und Fördertechnik. Um einen reibungslosen Prozess zu gewährleisten, sahen die Maschinenbauer an dieser Stelle unmittelbar vor der Presse sechs Pufferplätze vor. 

Die erste ihrer Art

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Die XM-Press von Ledinek punktet neben ihrer modularen Bauweise mit einem besonders kompakten Anlagendesign. Während die BSP-Elemente gepresst werden und im Anschluss die Anlage am anderen Ende wieder verlassen, wird davor bereits die nächste Platte gebildet. Dies sorgt für besonders kurze und effiziente Prozessdurchlaufzeiten. © Ledinek

Das Herzstück jeder Brettsperrholz-Fertigungslinie bildet die zentrale Presseneinheit. Mit der XM-Press steht in Portugal eine wahre Ledinek-Besonderheit. „Hier zeigt sich die tolle und kooperative Zusammenarbeit mit Ledinek im Speziellen. Unser eigens konzipiertes Anlagendesign sah eine Durchlaufpresse vor, die Ledinek in dieser Art zuvor noch nicht gebaut hatte. Gemeinsam mit Robert Mlinaric und dem Ledinek-Team wurde jedoch akribisch an einer Lösung gearbeitet, die den Prototyp der ersten XM-Press zum Ergebnis hatte“, lobt Santner die gelungene Zusammenarbeit mit Ledinek und führt fort: „Das gesamte Konzept wurde innerhalb von nur rund sechs Monaten erarbeitet. Und das inklusive einer maschinellen Neuentwicklung. Ohne ein kompetentes Team und schnelle, kurze Entscheidungswege wäre dies nicht möglich gewesen.“ 

Die Presse erstreckt sich bei Arolla über eine Länge von 6 m. „Eine Besonderheit steckt im modularen Aufbau der Presse. Im Abstand von 2 m-Rastern kann die Presse beginnend bei 6 m bis zu einer Länge von 20 m hergestellt werden“, informiert Mlinaric. Die maximale Breite der Standardmodule liegt nach der Pressenbauart bei 2020 mm. Aufgrund logistischer und produktionstechnischer Vorteile produziert Arolla jedoch ausschließlich 1200 mm breite Elemente.

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In Portugal installierte Ledinek im Sommer 2021 einen ersten, 6 m langen Prototyp der XM-Press. Im einschichtigen Betrieb werden derzeit rund 100 m³/Tag produziert und auf die Baustellen geliefert © Raphael Kerschbaumer

Die XM-Press steht für hohe Qualität bei gleichzeitiger Leistungs- und Präzisionsoptimierung. Gewährleistet wird dies durch gleichmäßigen Druck sowohl von oben als auch von der Seite. Über einen pneumatischen Druckaufbau von oben wird die Platte zunächst positioniert, ehe durch zusätzlichen seitlichen Druck ein Verschieben der einzelnen Schichten verhindert wird. Um Oberflächen in bester Sichtqualität zu produzieren, sind die Decklagen der einzelnen Elemente etwas breiter dimensioniert, um durch die seitlichen Druckeinheiten vollständig geschlossene Fugen zu gewährleisten. Anschließend wird der finale Pressdruck von bis zu 1,2 N/mm2 angesetzt, ehe die Platten nach kurzer, optimierter Presszeit die 6 m lange Presse auf der anderen Seite wieder verlassen.

Für hohe Oberflächenstandards

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Im Innenraum schaffen bodentiefe Fenster und die fertigen Sichtoberflächen einen Raum zum Wohlfühlen (unten) © Raphael Kerschbaumer

Für das anschließende Oberflächenfinish sorgt eine Ledinek Superles des Typs 1300 8V+4F. Nach einer zwischenzeitlichen Lagerung zur vollständigen Klebstoffaushärtung wird jedes BSP-Element vierseitig gehobelt. „Die Superles bietet uns die Möglichkeit, neben einer präzisen, vierseitigen Hobelung die Elemente in diesem Arbeitsgang auch bereits zu profilieren. Dies müssen andere auf den Abbund verlagern“, berichtet Santner. 

Möglich machen dies die insgesamt acht in der Maschine verbauten Spindeln für die exakte Positionierung auf das erforderliche Endmaß. Neben acht Hobelwellen sorgen vier Fasenaggregate für eine genaue Bearbeitung der Elemente bei Querschnitten von bis zu 1350 mal 320 mm. Das spezielle Wechselwellensystem von Ledinek sorgt zudem für besonders kurze Rüstzeiten, da die einzelnen Wellen motorisiert aus der Anlage gefahren werden können. Für den finalen Schliff der zumeist auf Sichtqualität produzierten BSP-Bauteile sorgt die in der Superles verbaute, beidseitige, 1300 mm breite Schleifeinheit. „Die oszillierende Arbeitsweise des Flächenschleifaggregats sorgt neben einem optimalen Schleifbild für eine lange Lebensdauer der Schleifbänder“, nennt Ledinek-Vertriebsingenieur Andrej Holc eine Besonderheit der Superles. 

Der eingangs erwähnte Abbund erfolgt bei Arolla durch eine Robot-Drive von Hundegger, Hawangen/DE. Noch in diesem Sommer soll der Elementabbund um eine zweite Anlage erweitert werden, um die Kapazitäten und Leistungen der vorgelagerten Produktion auch entsprechend verarbeiten zu können. 

„Wir sind froh, bei diesem spannenden Projekt auf Ledinek vertraut zu haben. Man ging einerseits auf unsere Anforderungen und Wünsche sehr gut ein und überzeugte mit tollen, individuell zugeschnittenen Lösungen“, ist Santner rückblickend mehr als zufrieden mit seiner Entscheidung, Ledinek zu beauftragen. 

Nachhaltigkeit zu Ende gedacht

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Das Thema Nachhaltigkeit ist sich bei Arolla allgegenwärtig: Selbst die Baucontainer vor Ort wurden aus portugiesischem Brettsperrholz gefertigt (oben) © Raphael Kerschbaumer

Neben zielgerichteten Förderungen im lokalen Forstsektor und der sukzessiven Erhöhung eingesetzter portugiesischer Rohstoffe, allen voran der heimischen Seekiefer, entschloss man sich auch bewusst gegen einen Werksneubau und zog in eine bereits seit vielen Jahren leerstehende Industriehalle. „Wir verfügen hier mit über 11.000 m2 überdachter Fläche über genügend Platz für die gesamte Fertigung inklusive Verladung“, berichtet Santner. Nach dem Grundstückskauf im Sommer 2021 wurde sogleich mit den notwendigen Anpassungen und Umbauarbeiten begonnen. „Das Dach war baufällig und musste erneuert werden und auch den Büro- und Mitarbeiterbereich haben wir entsprechend umgebaut und modernisiert“, so der erfahrene Ingenieur weiter. 

Monolithisches Bauen

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Das monolithische Bauwerk in Santa Katharina nahe Setúbal wurde sanft der Geländeform angepasst. Die gesamte Konstruktion steht dabei auf Schraubfundamenten, metertief in den Sand versenkt © Raphael Kerschbaumer

Die Ideologie von Arolla beinhaltet als zentralen Punkt den nahezu vollständigen Verzicht auf herkömmliche Baustoffe oder andere fossile Rohstoffe. Wie sich dieses Konzept in der Wirklichkeit schlägt, wird einem am eigenen Wohnprojekt des Gründers, Dr. Jakobs, eindrucksvoll präsentiert. Der gesamte Gebäudekomplex in Santa Katharina nahe Setúbal besteht von der Bodenplatte bis hin zur Decke aus massiven, 260 mm starken BSP-Elementen. Hintergrund dieser besonders massiven Ausführung ist die Idee der monolithischen Bauweise, welcher das Auskommen ohne jegliche Dämm- und Isoliermaterialien zugrunde liegt. Die einzigen Orte im Haus, wo mit zusätzlichen holzfremden Materialien gearbeitet wurde, sind die Nasszellen in den Bädern. 

„Doch auch hier bestehen darunterliegende Boden- und auch Wandelemente aus Brettsperrholz. Speziell in den Nasszellen kommt die diffussionsoffene Bauweise positiv zur Geltung“, erklärt Santner. Die Diffusionsoffenheit der Bauwerke zieht sich bei Arolla durch sämtliche Projekte. „Die massive Holzbauweise funktioniert jedoch nicht nur für die milden portugiesischen Temperaturen. Unsere Projekte in Mitteleuropa unterscheiden sich hier in keiner Weise“, erläutert Santner weiter. Neben einem hervorragenden Raumklima können durch die massiven Brettsperrholz-Elemente laut Arolla auch die Energiekosten entscheidend verringert werden. Zudem bietet die Holzoberfläche selbst bei kalten Wintertemperaturen ein besonders behagliches Wohngefühl.

Von Portugal in die Welt

Zusätzlich zu den bestehenden CAD- und Produktionsplanungen hat Arolla als Ergänzung ein eigenes Tool programmiert, welches übergeordnet die gesamte Projektabwicklung unterstützt. Dadurch sind sehr kurze Projektvorlaufzeiten möglich. Ein Gutteil der erzielten Erlöse wird direkt in die Forschung und Entwicklung reinvestiert, um sämtliche Prozesse entlang der Wertschöpfungskette weiter zu optimieren und zu verbessern. Zusätzlich betreibt man am Produktionsstandort in Setúbal eine eigene „Holzakademie“, um den Mitarbeitern das notwendige Know-how mit auf den Weg zu geben. „Hier in Portugal gibt es kein duales Ausbildungssystem für den Holzbereich, wie in Mitteleuropa. Uns ist es somit besonders wichtig, unsere eigenen Fachkräfte auszubilden und fortlaufend zu schulen“, erklärt Santner. 

Der Erfolg gibt dem Team recht. Die Bücher von Arolla sind gut gefüllt und die Auftragslage ist mehr als zufriedenstellend. „Wir haben derzeit neben vielen privaten Anfragen auch zwei große Bauprojekte am Laufen. Mit einer Reihenhausanlage, bestehend aus über 60 Objekten, befindet sich eines davon in Deutschland. Das zweite, ein Feriendorf in Portugal nahe der Atlantikküste, befindet sich derzeit in Planung. Mehr als 11.000 m3 Arolla-BSP werden hier ab Herbst 2023 verbaut werden“, blickt Santner erwartungsvoll in die Zukunft. 

AROLLA

Standorte: Setúbal/PT (Produktion) und Lissabon/PT (technisches Büro) 
Geschäftsführung: Dr. Gerd Jakob
Mitarbeiter: 50
Produkte: schlüsselfertige Brettsperrholz-Projekte, beginnend bei der Planung bis hin zur Bau-stellenmontage
Kapazität: 50.000 m3/J