Update, 4. Dezember 2024
Es sind doch nicht alle potenziellen Ziegler-Übernehmer der vergangenen Wochen abgesprungen. Im Gegenteil – nun wurde das renommierte internationale Beratungsunternehmen PWC als sogenannter „M&A-Berater“ damit beauftragt, die derzeitigen Bieter und weitere Unternehmen anzusprechen, den Gesamtkonzern oder Teile zu übernehmen. Mehr dazu im Beitrag: "Jetzt startet Bieterprozess"
27. November 2024
Zumindest eine große deutsche und eine österreichische Holzindustrie sowie ein namhafter internationaler Finanzdienstleister sollen die ursprünglichen Interessenten gewesen sein. Selbst für Letzteren war die Ziegler Group wohl zu komplex und hatte zu wenig Substanz für einen mittelfristig gewinnreichen Weiterverkauf.
Realistischerweise stehen weiterhin anspruchsvolle Jahre am Absatzmarkt bevor – und die Versorgungslage ist weder am Stammsitz (kaum Holz aus Tschechien) noch in Rumänien einfach. Für alle bisherigen Interessenten gilt wohl: Keiner hatte die Fantasie, dass in den kommenden zwei, drei Jahren ein erfolgreicher Weiterbetrieb möglich wäre.
Säge, Holz-, Metall-, Maschinenbau bis Dekoration und Gastro
Die meisten der über 40 Tochterunternehmen sind holz-/baunahe (Holzhausbau, Holzverarbeitung, Rundholzhandel). Es gibt aber auch Güterlogistik, Technik/Maschinenbau (ehemals Prechtl Maschinenbau), Dekoration, Gastronomie/Hotellerie sowie Medien (Auszug aus Holding Bilanz 2022). Die Komplexität von über 40 Unternehmen und teilweise nötigen Schließungen dürfte von den Interessenten als kaum bewältigbar beziffert worden sein.
Wiederholt sich (Sanierungs-)Geschichte?
Ein Beispiel aus der Sägewerksgeschichte, wie es weitergehen könnte, liefert der jetzige Geschäftsführer der Ziegler Group: Jörg Artmann. Der aus dem Ruhrgebiet stammende Manager war vor einem Jahrzehnt schon Sanierer der Klenk Holz AG. Er machte die ehemals größte deutsche Sägewerksgruppe fit für die Carlyle Group eine große US-amerikanische Private-Equity-Gesellschaft. In weiterer Folge kaufte Binderholz die sanierte, entschuldete Klenk-Gruppe.
Die Komplexität eines Gesamtverkaufs und die Höhe der Anlaufverluste sinken deutlich, wenn der Masseverwalter einzelne Unternehmen
- zusperrt,
- saniert und
- weiterverkauft.
All das könnte Jahre dauern. Für Kaufinteressierte gilt, dass es eher günstiger als teurer wird. Jeder, der einsteigt, braucht dennoch sehr viel Geld, ist die Einschätzung. Es fehlt an frischem Geld für:
- Betriebskapital/Working Capital
- Investitionen
Zwei Juwele
Die wirklichen Assets der Holding sind Plößberg und Sebes – darin sind sich alle Branchenexperten einig. Als gemeinsamen Vorteil haben beide eingespielte Mitarbeiterteams. Während Plößberg eigenverantwortliche Mitarbeiter auf allen Ebenen aufweist, funktionierte Sebes perfekt mit entsprechenden täglichen Produktionsvorgaben. In Plößberg, dem größten Sägewerksstandort Europas, werkt ein eingeschworenes Team, das teilweise schon mit Wilhelm Ziegler zusammenarbeitete, der von 1981 bis 2008 das Unternehmen leitete.
Unterschiedliche Führungsstile
In Sebes praktizierte die HS Timber Group im starken Kontrast zu Plößberg einen klassischen Top-down-Führungsstil. Der rumänische Standort erst seit einem Jahr bei Ziegler – entsprechend wurden die Philosophien noch nicht synchronisiert.
Plößberg liegt in einer der waldreichsten Regionen Deutschlands. Trotzdem kamen aufgrund des Schadholzangebotes 2018 und 2019 rund 80 % des Rundholzes aus Tschechien. Heuer waren es nur noch 5 %. Branchenkollegen wunderten sich schon immer, wie man bis zu 2,4 Mio. fm ohne Bahnanschluss bewältigen kann. Aber es ging …
Wie es mit Plößberg weitergeht, ist nun eine Kernfrage.
Selbstkritik
Der Holzkurier muss sich selbstkritisch fragen, ob man die Entwicklung 2020 schon hätte sehen können. Damals zeichneten wir Ziegler als „Holzindustrie des Jahres 2021“ aus. Wir würdigten insbesondere, in welcher Präzision und Sortimentsvielfalt die Kunden vom Megastandort Plößberg bedient wurden. Damals standen 400 Mio. € Investments im Raum – viel, aber erst die Hälfte dessen, was noch kommen sollte. Das Pelletswerk in Pressath ging zu einem Zeitpunkt ans Netz, als man die Übertreibungen des Pelletspreises voll mitnehmen konnte. Das Holzfaserdämmplatten-Werk erscheint uns ebenfalls logisch, zur stofflichen Nutzung der Sägenebenprodukte.
Aus der „Ziegler Group“ wurde am 20. November der „Insolvenzfall Ziegler“. Dieser wird alle Branchenteilnehmer noch länger beschäftigen.