Mondphasen-Business?

Ein Artikel von Administrator | 22.03.2001 - 00:00
Leserbrief zu Holzkurier Heft 10, Bericht auf Seite 11
Unter dem Mantel der Wissenschaft wurde hier der Eindruck erweckt, dass die Mondphasen bzw. die richtige Schlägerungszeit im Winter Voraussetzung für „dauerhaft stabiles” Holz mit besonders guten Klangeigenschaften, geringer Pilz- und Insektenanfälligkeit, ja sogar Hochbrandbeständigkeit seien. Für diese durch den Schlägerungszeitpunkt erreichte hohe Qualität ergeben sich Mehrkosten. Grundsätzlich bin ich der Meinung, dass Unterschiede in der Qualität an einem Produkt auch nachweisbar sein sollten. Das gilt auch für Mondholz vs. „Normalholz”.
Dazu ein Gedankenexperiment: Eine schöne, 200-jährige Eiche hat 1 bis 5 Jahresringe, welche in den Saftstrom einbezogen sind. Diese Jahresringe liegen ganz außen, direkt unter der Rinde. Alle anderen 195 bis 199 Jahresringe nehmen nicht an der Wasserleitung teil und haben auch keine einzige lebende Zelle mehr im Holz. Bei einem Stammdurchmesser von 50 cm sind an die 96% des Stammquerschnittes Holz ohne eine einzige lebende Zelle und ohne Funktion für die Wasserleitung. Wer davon ausgeht, dass dieses Holz bei unterschiedlichen Schlägerungszeiten auch unterschiedliche Holzeigenschaften besitzt, der müsste auch behaupten, dass es zu Unterschieden führt, wenn ich ein beliebiges Eichenholzstück (herumliegend, Brennholz, Bauholz, ...) zu verschiedenen Zeitpunkten bearbeite. Ein Beispiel: meinen alten Eichentisch dürfte ich demnach zu bestimmten Tagen nicht zu Brennholz sägen, damit er im Kachelhofen auch optimal brennt.
Also gut, bei den Monddiskussionen wird im alpinen Raum selten von Eiche gesprochen, nehmen wir die Fichte. Aber auch hier ist es nicht anders, der Anteil des Holzes ohne jegliche biologische Aktivität und ohne Teilnahme an der Wasserleitung ist lediglich geringer, vielleicht sind es 70 bis 80% des Querschnittes. Wenn nicht nachweisbar ist, dass Holzeigenschaften nicht mit der Schlägerung in einer Mondphase zusammenhängen, dann sehe ich ungern ein, weshalb vom Konsumenten ein höherer Preis bezahlt werden soll.
Anderseits verstehe ich nostalgische Sehnsüchte bei Kunden, die für ihre Wünsche auch gerne mehr bezahlen. Es hat halt nur nichts mit Wissenschaft zu tun.
Univ.-Prof. DIDr. Rupert Wimmer, Institut für Botanik, Universität für Bodenkultur Wien