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Dr. Jürgen Jestaedt, Lauterbach/DE © Peters

Weniger Staat - mehr Markt

Ein Artikel von Administrator | 26.01.2004 - 00:00
Wie können private und kommunale Waldbesitzer angesichts kleinerer Strukturen, auf Weltmarktniveau sinkender Holzpreise sowie der fortschreitenden Konzentration auf der Abnehmerseite ihr Holz mengengerecht bündeln und zeitgerecht liefern? Ein Seminar in Berlin/DE stellte dazu verschiedene Konzepte vor, die sich bereits regional oder überregional bewähren: Anlässlich der Internationalen Grünen Woche (IGW) lud die Arbeitsgemeinschaft Deutscher Waldbesitzerverbände (AGDW), Berlin/DE, am 17. Jänner zum Seminar in die Bundeshauptstadt - und erhielt mit 50 Teilnehmern regen Zulauf.
PD Dr. Ute Seeling, AGDW-Geschäftsführerin, rechnet aufgrund forstlicher Verwaltungsreformen, leerer öffentlicher Kassen sowie laufender Kartellverfahren mit veränderten Dienstleistungs-Angeboten und deutlich reduzierten Fördermitteln für private und kommunale Waldbesitzer. Wie können diese ihr Holz trotzdem marktgerecht anbieten?
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Dr. Jürgen Jestaedt, Lauterbach/DE © Peters

Exklusives Mittelstandskartell. Das einzig anerkannte Mittelstandskartell stellte dessen Vorsitzender Dr. Jürgen Jestaedt, zugleich Forstdirektor der Waldgesellschaft der Riedesel Freiherren zu Eisenbach, Lauterbach/DE, vor. Die Vogelsberg vermarktet bereits seit 1966 als Reaktion auf die sich konzentrierende Papier- und Holzwerkstoff-Industrie das Rohholz 15 mittlerer und größerer privater Forstbetriebe mit einer Fläche von zusammen rund 45.000 ha.
Der Vorsitzende setzt dabei auf die Vermarktung von jährlich 100.000 bis 150.000 fm durch eine gemeinsame Verhandlungskomission. „Streng gehandhabt” werde der Andienungszwang. Bewusst entschied sich der „Freundeskreis” gegen den Status einer GmbH oder eines forstlichen Zusammenschlusses gemäß § 40 Bundeswaldgesetz - hier hätten Buchhaltungs- und steuerliche Verpflichtungen gedroht.
Um kartellrechtlich weiter legal arbeiten zu können, beantragte die Gemeinschaft beim Bundeskartellamt erfolgreich die Anerkennung als Mittelstandskartell. Zwar zog sich das Verfahren mit detaillierter Strukturanalyse über ein Jahr hin, die Unabhängigkeit der Mitglieder konnte gewahrt bleiben - jedoch unter anderem mit 2 Auflagen: Beteiligte Forstbetriebe bleiben unabhängig von Konzernen und stehen „in keinem Verhältnis zur staatlichen Forstverwaltung”.
5-jähriger Lernprozess. Seit 1999 besteht das Holzkontor Sauerland, Möhnesee/DE. Geschäftsführer Peter Risse bündelt in dieser Gesellschaft 14 private Waldbesitzer und 8 forstliche Unternehmer aus dem südlichen Westfalen.
Als Zielgruppe für diese Aktivitäten zählt Risse insbesondere die in Nordrhein-Westfalen räumlich konzentrierte Holzindustrie sowie als Endnachfrager die 10 Millionen Einwohner zwischen Rhein und Ruhr. Dabei konnte er auch von der Clusterstudie Forst und Holz profitieren: Als eine politische Konsequenz zählt dazu die Förderung logistischer Abläufe. Dies scheint auch angemessen, denn in der Praxis herrsche bei logistischen Fragen immer noch „babylonische Sprachverwirrung”, so Risse.
Zum Programm des Kontors zählen Koordination, Vermittlungs- und Handelsgeschäfte, Frei-Werk-Lieferungen und Stock-Käufe sowie zahlreiche weitere Dienstleistungen für teilnehmende Waldbesitzer. „Ein gesunder Wettbewerb helfe auch dem Wettbewerb um das beste Vermarktungssystem”, so Risse, der den Umsatz binnen 3 Jahren verdoppeln will.
Waldbesitzer-Unternehmen. 40 Forstbetriebs-Gemeinschaften mit 3700 Mitgliedern und 75.000 ha Waldfläche bündeln jährlich 300.000 fm mit der 1998 gegründeten Forstwirtschaftlichen Vereinigung Mittlerer Schwarzwald (FMS), Mühlenbach/DE. Während große Kunden über zentrale Rahmenvereinbarungen der FMS beliefert werden, erhalten kleinere Kunden ihr Holz direkt von den Forstbetriebsgemeinschaften.
Im operativen Geschäft wickelt die FMS Forstservice seit 2003 alle Dienstleistungen zwischen Wald und Kunden ab - diese versteht FMS-Geschäftsführer DI (FH) Joachim Prinzbach als Grundlage unternehmerischen Handelns. Resümee von Prinzbach nach einem Jahr: „Die Sache läuft stabil”.
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Peter Risse, Möhnesee/DE © Peters

Steigende Nachfrage. In 8 Bundesländern erwirbt Klaus Bockelmann, Bockelmann-Holz, Lüneburg/DE, jährlich 1,5 Mio. fm. 80 Transporteinheiten sowie 30 Vertragsspediteure bewegen 180 Ladungen täglich - insbesondere per selbstentwickelten Trailersystem.
Zunehmend stärker nachgefragt werden Stock-Käufe. Die Stockpreise für entsprechende IndustrieholzSortimente haben sich aufgrund der Nachfrage des Zellstoffwerkes Stendal, Arneburg/DE, verfünffacht. Trotzdem lieferte gerade der private Waldbesitz kaum. Diesen will Bockelmann künftig verstärkt erreichen, um dessen Rohholz zu mobilisieren.
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DI (FH) Joachim Prinzbach, Mühlenbach/DE © Peters

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Klaus Bockelmann, Lüneburg/DE © Peters