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Die Presslinie 3946 versieht Massivholz-Dreischichtplatten mit Kanteneinleimern, um in der industriellen Produktion hochwertige massive Kanten zu ermöglichen © Höfer

Pressentechnik nach Maß

Ein Artikel von Robert Kittel | 28.12.2013 - 07:07
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Die Presslinie 3946 versieht Massivholz-Dreischichtplatten mit Kanteneinleimern, um in der industriellen Produktion hochwertige massive Kanten zu ermöglichen © Höfer

Die Aufgabenstellung ist so alt wie die industrielle Möbelfertigung. Wie kann ich Korpusteile aus fertig belegten Standardplattenformaten herstellen und mit einer Kante versehen? Die übliche Furnierkante kann man spätestens vergessen, wenn eine profilierte Kante hergestellt werden soll. Ein sichtbarer Umleimer fällt meist aus optischen Gründen aus. Bliebe als eine fachlich richtige Lösung der Anleimer. Der wird normalerweise aber schon aufgeleimt, bevor die Deckschichten verpresst werden. Ein Verfahren, das sich für hochwertige Tischlerarbeit in kleinen Stückzahlen, aber nicht sehr für eine Industriefertigung eignet. Höfer, Taiskirchen, hat jetzt die Presslinie 3946 gebaut, die genau dieses Problem lösen kann. Mit ihr könnten Massivholz-Dreischichtplatten nachträglich mit einem Einleimer versehen werden, erzählt Geschäftsführer Heinz Pesendorfer. „Wir haben inzwischen mehrere Kilometer Kanten auf der ersten Anlage verpresst und konnten die Prozessparameter optimieren.“

Kantenanleimen mit Hochfrequenz

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Industriemaschinenbau nach Maß ist für den oberösterreichischen Pressen- und Sägenhersteller Höfer in Taiskirchen das Alltagsgeschäft - aus der Holzverarbeitung und der Presstechnik für Compoundwerkstoffe verfügt man über entsprechendes Know-how. 16?mal?5,5?m wurde die Anlage platzsparend konstruiert, um sie in bestehende Produktionslinien integrieren zu können ? die HF-Generatoren wanderten deshalb in den 1. Stock © Robert Kittel

Die Mittellage der Dreischichtplatte wird genutet, wobei die Deckschichten stehen bleiben. In diese Nut wird ein Einleimer geleimt. Das klingt einfacher, als es in der Praxis ist. Man muss den Einleimer zwischen zwei recht dünne Decklagen schieben, ohne dass sie durch Leim und Pressdruck deformiert werden. Bei Höfer habe man derartige Herausforderungen schon bewältigt, meint Pesendorfer: „Wir sind das Arbeiten mit engen Toleranzen gewöhnt. Unsere Pressen für Karbon verarbeiten beispielsweise nur zwei Zehntelmillimeter dicke Kohlefaserplatten.“
Die Anlage scheint technisch durchdacht. Massivholz-Dreischichtplatten von 15 bis 50 mm Materialstärke können damit bekantet werden. Ausgelegt ist die Linie derzeit auf Laubholzplatten, eine Anpassung auf Nadelholz sei möglich, meint Pesendorfer. In den Plattenwerkstoff wird zunächst eine Nut gefräst. Die HKS-63 Werkzeugaufnahme macht den Profilwechsel für verschiedene Einleimerprofile einfach. Eine Beleimstation versieht Nut und Einleimer mit dem Kleber. Verwendet könnten praktisch alle HF-tauglichen Klebersysteme werden: PVAc, PU, Harnstoff und mehr. Verpresst wird mit einer Hochfrequenzpresse, die je nach Leimsystem kurze Taktzeiten von circa 30 Sekunden ermöglicht – bis zu 40 lfm/h sind schon mit normalem PVAc machbar. Die Weiterverarbeitung darauffolgender Kanten ist ebenfalls automatisiert. Eine Präzisionskappanlage sorgt für fugenfreie Anschlüsse, die Wendeeinrichtung dreht die Platte zur nächsten Kante und legt sie entweder auf das Rücktransportband oder zu den fertigen Teilen. Das Ganze kann als relativ kompakte Einheit in bestehende Möbelteile-Fertigungslinien integriert werden. Die komplette Anlage findet auf einer Grundfläche von nur 16 mal 5,5 m Platz. Die platzfressenden Hochfrequenzgeneratoren habe man dazu sogar in den 1. Stock verlegt, erzählt Pesendorfer: „Dort stören sie Materialfluss und Zugänglichkeit nicht.“ Das mache es möglich, Platten mit maximal 3000 mm Länge und bis zu 1300 mm Breite zu bearbeiten.

Know-how aus Großanlagen

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Heinz Pesendorfer: "Unsere Anlagen haben nur einen Fehler - sie halten zu lange." © Robert Kittel

Maßgefertigte Konstruktionen gehören bei Höfer zum Tagesgeschäft, erklärt Pesendorfer. Die hohe Fertigungstiefe des Maschinenbauers macht es möglich – sogar die riesigen Hydraulikzylinder haushoher Pressen werden, wie die gesamte Elektronik, im Haus hergestellt. „Wir hatten das Glück, bei Anlagen für moderne Verbundkunststoffe viel Know-how aufbauen zu können – das hilft uns natürlich auch bei der Konstruktion von Anlagen für die Holzindustrie, sei es jetzt die Brettschichtholzproduktion oder die Möbelherstellung. Wir stammen aus der Holzbearbeitung und bemühen uns, das über die Jahrzehnte gesammelte Wissen in Konstruktionen umzusetzen, die auf die speziellen Eigenheiten eines lebendigen Materials, wie Holz, Rücksicht nehmen.“
„Unsere Anlagen haben eigentlich nur einen Fehler“, grinst Pesendorfer schelmisch. „Sie halten viel zu lange.“ Dass er das nicht wirklich ernst meint, beweisen einige Furnierpressen, die man nebenbei liebevoll aufarbeitet. „Sie sind danach fast wie neu und können weitere 40 Jahre verwendet werden“, sagt er und drückt aus, was man bei Höfer unter Verantwortung versteht.RK