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Die erste Platte, die in der neuen Anlage hergestellt wurde, mit den Unterschriften aller Beteiligten © Lorenz Pfungen

Verdichtetes Ingenieurholz

Ein Artikel von Lorenz Pfungen | 30.09.2015 - 16:00
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Die erste Platte, die in der neuen Anlage hergestellt wurde, mit den Unterschriften aller Beteiligten © Lorenz Pfungen

Aus Anlass der Fertigstellung und der Inbetriebnahme der neuen LVL-Produktion lud Steico kürzlich zahlreiche Kunden, Geschäftspartner und Zulieferer zur feierlichen Eröffnung der Anlage ein. Für Steico ist die neue LVL-Produktionslinie mit über 50 Mio. € die größte Investition in der Geschichte des Unternehmens. Die neue Produktionslinie befindet sich in Czarna Woda, rund 70 km südwestlich von Danzig.
Das Werk wurde in der Rekordzeit von zwölf Monaten errichtet. Von der ersten Idee bis zur Fertigstellung der Anlage vergingen rund zwei Jahre. „Derzeit befindet sich die Anlage noch in der Optimierungsphase. Kurzfristig rechnen wir mit einer Auslastung von 50 %, womit wir nahe am Break Even Point wären“, erläutert Heiko Seibert, Vertriebsdirektor bei Steico. Dabei wird primär LVL für die unternehmenseigene Stegträgerproduktion gefertigt. Bis jetzt wurden die Gurte zugekauft. „Das wird sich künftig ändern, wodurch die Versorgungssicherheit der Stegträgerherstellung gegeben ist. Darüber hinaus wird LVL auch in Form von Konstruktionshölzern und für verschiedene Industrieanwendungen vertrieben“, führt Seibert aus.

Hohe Festigkeit und Stabilität

Durch das Verteilen der natürlichen Fehlstellen des Holzes auf mehrere Schichten entsteht laut Herstellerangaben ein homogenes Produkt mit hohen Festigkeiten. Laut dem Unternehmen zeichnet sich Steico LVL besonders durch hohe Festigkeiten und seine Dimensionsstabilität aus. Der Werkstoff weist keine Fehlstellen und keine Neigung zur Verdrehung oder Krümmung auf. Zudem wird eine gute Schraubenausziehfestigkeit erreicht. Durch die hohe Stabilität werden Setzungen in Bauwerken vermieden und es können hohe Anschlusskräfte übertragen werden. So ist eine aufgestellte Platte aus LVL R um 48 % schlanker als ein gleich hoher KVH- oder BSH-Träger, der auf Biegung beansprucht wird. Durch die Verdichtung hält der Werkstoff höhere Druckspannungen aus. Bei liegenden Furnierschichten steigt die zulässige Spannung von 2,0 N/mm² auf 3,8 N/mm², bei stehenden Lagen sogar auf 7,5 N/mm². Die Produktion erfüllt die Anforderungen von PEFC und FSC. Zudem sind die Platten CE zertifiziert und die bauaufsichtliche Zulassung durch das Deutsche Institut für Bautechnik befindet sich in der Vorbereitung. Die Maximalabmessung einer Platte beträgt 18 mal 2,5 m. Dicken zwischen 21 und 90 mm sind herstellbar.

Anwendungsmöglichkeiten

Durch die mechanischen Eigenschaften sei es möglich, belastbare und schlanke Bauteile herzustellen, wie der Hersteller informiert. Dazu zählen unter anderem Balken, Stützen, Schwellen und aussteifende Dachplatten. Ebenso eignet sich der Werkstoff für die Fenster- und Türenindustrie sowie im Messe- und Trockenbau. Das Unternehmen sieht auch die Einsatzmöglichkeit im Fahrzeugbau.

Besonderer Standort

Czarna Woda wurde nicht zufällig ausgesucht. Durch staatliche Untersuchungen waren die Dichten und das Alter der Bäume in Polen bekannt. Es hat sich gezeigt, dass die Kiefern in dieser Region eine höhere Dichte als an anderen Standorten aufweisen. Bei Steico spricht man von einem Unterschied von 15 bis 20 kg/m³. Die Bäume haben zudem höhere Durchmesser, wodurch mehr Schälfurnier pro Stamm erzeugt werden kann. Bei der Anlieferung der Stämme werden sie in einem Nasslager abgelegt. Das soll Bläuebildung und Käferbefall vermeiden. Im Werk sind 14.000 fm lagernd.
2,5 fm ergeben im Durchschnitt einen Kubikmeter LVL. Rechnet man mit einer Kapazität von 90.000 m³, wird das Lager 16 Mal im Jahr geleert und wieder befüllt. Vor dem Erweichen sortiert man die Stämme. Anschließend werden die Bloche bei 60° C konditioniert. Ein Umschlagbagger führt kontinuierlich Stämme zu und entnimmt vorbereitete Bloche für den Schälprozess. Durch den Kochvorgang kann es je nach Harzgehalt zu Verfärbungen kommen.

Mit bis zu 360 m/min

Die Schälgeschwindigkeit beträgt 360 m/min, wobei die Produktionsleistung von der Einspann- und Ausrichtegeschwindigkeit abhängt. Das Einspannen und die Ausrichtung sind entscheidend für die Ausbeute beim Schälen. Dabei entsteht ein 3,4 mm dickes Endlosfurnier, welches in ein Standardmaß von 2,6 mal 2,56 m geschnitten, getrocknet und sortiert wird. Je nach Dichte, Anzahl der Äste und Faserabweichung werden die Furniere in vier Gruppen sortiert. Vor dem Leimauftrag trocknet man die Furnierblätter auf eine Holzfeuchtigkeit von 5 %. Für die Verklebung werden hauptsächlich Phenolharze eingesetzt, die zu der charakteristisch dunklen Klebfuge führen. Es werden auch helle Klebstoffe eingesetzt.

Orientierung je nach Produktanforderungen

Das Gros der Maschinen in der Produktion kommt vom finnischen Maschinenbauer Raute, Nastola. Die Ausstattung für den Rundholzplatz lieferte Scantec, Feldkirchen bei München/DE (s. Holzkurier Heft 19, S.19). Vor der Beleimung werden die Furnierlagen je nach Endprodukt aufgelegt. Bei klassischem LVL R (Regular) laufen alle Furnierschichten in die gleiche Richtung. Bei LVL X (Cross) gibt es zudem kreuzweise orientierte Lagen, welche die Stabilität erhöhen.
Um das Schüsseln der fertigen Platte zu vermeiden, wird jedes zweite Furnier gewendet. Dadurch liegen jeweils zwei rechte Seiten aufeinander. In die Decklage der Platten kommen Furniere mit einer höheren Dichte und optisch guten Eigenschaften. Für die Mittellage werden Standardfurnierblätter eingesetzt. So nutzt man die Materialeigenschaft dort, wo sie benötigt werden. Der Stoß zweier Furniere wird mit einer Schäftung ausgeführt. Nachdem alle Blätter beleimt und aufgelegt wurden, fährt das ganze Paket in die Vorpresse. In der nachgestaffelten Etagenpresse wird das LVL bei 170° C und 140 bar gepresst und bis zu 15 % verdichtet – daher kommt auch der Name „verdichtetes Ingenieurholz“.
Bevor die Platten formatiert und kalibriert werden, kühlen sie in einem Zwischenlager auf Raumtemperatur ab. Die Endfeuchtigkeit in der Platte beträgt 9%. Am Standort produziert man zudem Holzfaserdämmplatten und Hartfaserplatten.

Steico

Hauptsitz: Feldkirchen bei München
Produktionsstandorte: Czarnków/PL, Czarna Woda/PL, Casteljaloux/FR
Vertriebsstandorte: Brumath/FR, St. Albans/GB
Geschäftsführer: Udo Schramek
Mitarbeiter: 1000
Produkte: Einblasdämmungen, Holzfaserdämmplatten, Stegträger, Furnierschichtholz (LVL), Abdichtungssysteme, Hanfdämmstoff