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Paolo Brandolisio in seiner 80 m2 kleinen Werkstatt mit Schablonen und Holzklötzen © Kanzian

Forcola-Rudergabel

Ein Artikel von Dr. Johanna Kanzian | 14.10.2004 - 00:00
Wenn Gondolieri durch die Kanäle Venedigs rudern, sind sie auf ein wichtiges Holzstück angewiesen: Die Forcola (Rudergabel) - diese ermöglicht es, die 11 m lange Gondel mit einem einzigen Ruder zu bewegen.Genau auf den Gondolieri abgestimmt. Das Können eines Gondoliere wäre nichts ohne seine Forcola, die genau auf den Ruderer abgestimmt werden muss. Nur diese ausgeklügelte, dreidimensionale Rudergabel mit ihren acht verschiedenen Stützpunkten erlaubt es dem am Heck stehenden Mann, alle Manöver durch die Kanäle Venedigs auszuführen. Das 4 m lange Ruder wird bei der Forcola angesetzt um durch die Hebelwirkung Druck zu geben. Remaio, also Rudermacher nennt Paolo Brandolisio seinen Beruf, den es sonst nirgendwo auf der Welt gibt.
Spezialisiert hat sich der Handwerker auf venezianische Ruder aus Buchenholz und Rudergabeln aus Nuss und Kirsche. „Für die Ruder verwende ich deshalb Buche, weil sie sich nicht verzieht”, so Brandolisio.
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Paolo Brandolisio in seiner 80 m2 kleinen Werkstatt mit Schablonen und Holzklötzen © Kanzian

Alles anders - Tradition soll weitergeführt werden. War die Gondel früher noch das Taxi Nummer Eins in Venedig, so wird sie heute nur noch für touristische Zwecke eingesetzt. Dementsprechend wenig neue Gondeln und deshalb auch Forcole und Ruder werden gebraucht. Nur noch wenige in Venedig beherrschen dieses Handwerk - drei Werkstätten sind es insgesamt, die noch fähig sind, neue Ruder herzustellen und Renovierungsarbeiten bei den alten vorzunehmen.
Die 80 m2 kleine Werkstatt von Brandolisio ist voll Holz. Das Rohmaterial stammt meistens aus Ungarn.
Gelernt hat Brandolisio das Handwerk von Giuseppe Carli, bei dem er sechs Jahre in die Lehre ging. Nachdem dieser keinen Nachfolger hatte, übernahm Brandolisio mit Engagement die Werkstatt. „Ich habe alles so belassen, wie zu Carlis Zeiten. Mir war es wichtig, die Tradition weiterzuführen”, freut sich Brandolisio über seine altertümlich eingerichtete Werkstatt, die sich in der Nähe des Markusplatzes befindet.Lufttrocknung und lange Lagerung. Nachdem die Holzklötze ein Jahr in der Werkstatt gelagert wurden, können sie bearbeitet werden. An einem Balken sind Schablonen aufgehängt, mit denen bei einem der ersten Arbeitsschritte der Umriss einer Forcola auf Rohlinge gezeichnet wird.
20 verschiedene venezianische Formen gibt es - ihr Größe richtet sich nach der Statur des Ruderers. Die Grundform wird mit einer Hand-Zugsäge ausgeschnitten. 60 cm lang ist der Klotz aus dem die Forcola entstehen soll. Nach dem Hobeln, wird die Dolle eingeölt. Die Forcola ist mit Einbuchtungen versehen, in die legt der Gondoliere sein Ruder. Drei Tage braucht Brandolisio, um aus einem 50 kg schweren Holzblock eine klassische Forcola zu modellieren.Maßanzug ein Leben lang. „Die Forcola muss zum Ruderer wie ein Maßanzug passen. Jeder hat seine eigene, genau auf ihn zugeschnittene. Meistens begleitet ihn die Forcola ein Leben lang”, so Brandolisio. Die Vereinigung der Gondolieri in der Calle della Nandola schätzen, dass es in Venedig noch knapp 4000 Gondeln gibt. Nur 25 neue Forcole fertigt Brandolisio pro Jahr, den Rest des Einkommens bringen die Ruder.
Brandolisio-Facts
Gründer: Giuseppe Carli
Inhaber: Paolo Brandolisio
Sparte: Rudermacher (Remaio) und Holzdollen-(Forcola)-fertigung